Tag 1 - Ankunft

Haaalloooooo DEUTSCHLAND!

So, Pippo ist gut angekommen und mein Herz schmilzt jetzt schon *-*
Bitte schnell vermitteln, sonst werd ich wieder zum Pflegestellenversager^^

Als ich die Beschreibung las, 10 Jahre Kette, 55 SH, wenig bis gar keine Ansprache, kennt überhaupt nix, habe ich mich mental auf einen recht großen, völlig verängstigten oder zumindest verunsicherten Hund eingestellt, der bei jedem Mucks zusammenzuckt, keiner Treppe traut, bei Menschen unsicher ist oder gar Meideverhalten zeigt, an der Leine bei jedem Auto panikt und direkt erstmal in die Wohnung pieselt.
Pustekuchen.

SH liegt nach erster Messung bei 46 cm. 10 Jahre ist er auf keinen Fall alt. Wenn ich mir seine Zähne anschaue (vor allem wenn man bedenkt, dass er mit Essensresten gefüttert wurde), schätz ich ihn maximal auf 5 oder 6. Von grauen Härchen keine Spur und Power wie ein Jungspund.
Gefährliche Treppe? Quark. Rein ins Haus und raufmarschiert.
Meideverhalten? Von wegen. Patexverhalten trifft es eher. Wo ich auch hingehe, von Minute eins ab: Pippo ist dabei. Schrank auf, Pippo drin. Kühlschrank auf, Pippo drin. Bettkasten auf, Pippo drin, Klodeckel auf... bingo. Schlichtweg alles und jeder ist es wert zu wedeln, sodass ich schon dachte, er hätte einen Motor im Hintern implantiert.
Ich habe im Wohnzimmer eine Schaufensterpuppe stehen. Die hat er erstmal versucht, mit südländischem Charme zu umgarnen, gewedelt, vor ihr Sitz gemacht, ihre Hand beschnuppert und angestupst, gewedelt, mit Dackelblick hochgeguckt, mit der Pfote an ihrem Bein gekratzt und vor allem gewedelt^^ Als die olle Kuh auch nach dem dritten und vierten Versuch nicht weichzukriegen war, ihn zu kraulen, hat er es aufgegeben. Naja, so kann er schon mal für die ersten Interessenten üben. (Zweite Interessenten wirds nicht geben. He's a heartcatcher.)

Schon in den ersten Minuten wurde klar: Pippo ist ein Fenster-Freak. Er ist sogar in die Badewanne geklettert, weil die unter dem Badfenster steht (das dürfte sich noch als praktisch erweisen). Dummerweise kommt er ans Schlafzimmerfenster nur vom Bett aus ran (weniger gut, vor allem weil es so aussieht, als hätte er ein paar blinde Passagiere mitgebracht). Also Möbel umgestellt und Couch vors Fenster im Wohnzimmer, damit er besser rausgucken kann.

Wohnung ist bislang trocken, Pippi klebt draußen am Baum, und sein erstes deutsches Häufchen hat er ja Astrid schon als Danke in Bernstein gelassen.
Leine laufen muss noch geübt werden. Verständlich, es gibt soooo viel zu sehen da draußen. Aber er wechselt die Richtung mit, wenn er merkt, es geht hie und da trotz allem Zerren nicht weiter. Und das merkt er erfreulicherweise recht schnell. Ich bin zuversichtlich, dass es nicht allzulange dauert mit akzeptabler Leinenführigkeit.
Vorbeifahrende Autos sind ihm nicht sooo geheuer, aber Panik sieht anders aus.
Selber im Auto zu sitzen ist spannend. ZU spannend, um ruhig zu bleiben. Aber er hatte weder Angst, noch sich erbrochen oder sonstwas. Er hat durchweg gewedelt wie ein Irrer und den beiden "Taxifahrern" vor sich die Ohren zugeknutscht. Also ich würde ihn guten Gewissens auch zu einem Autofahrer vermitteln
Pippo ist in natura schöner als auf den Fotos, und wenn sein Fell erstmal erfahren hat, was Pflege bedeutet, wird er seine ersten Model-Preise einheimsen^^
Wasser ist klasse. Wäre die Leine nicht zu kurz gewesen, hätte er die erste Runde im See bereits hinter sich.

Ich weiß nicht, ob nur ich immer die Kaffee-Junkies erwische, oder ob alle Italiener so sind. Den ersten Cappuccino konnte er jedenfalls schon für sich verbuchen. Was setz ich mich auch mit dem Topf in der Hand neben ihn. Ich hätts wissen müssen...
Junkie ist er auch, was kuscheln angeht. Wobei ich da sogar befürchte, dass er sich zum Terroristen entwickelt, wenn man nicht aufpasst. Knuddel mich oder ich mach Heulbombe, bis deine Nerven platzen.

In den Schlaf kraulen lassen ist der Hammer, und er kann supergut und klar verständlich schnarchen. Aber sobald ich aufstehe, startet der Motor im Hintern, Pippo springt an und beschleunigt von 0 auf 100 in 0,3 Sekunden. (Logisch, er hat ja auch Cappu getankt)

Naja, jetzt lass ich den Burschen erstmal ankommen und dann sehen wir weiter. Im Moment liegt er neben mir auf einem Kopfkissen, das er mir abgeschwatzt hat, weil das Couch zu weit vom Schreibtisch weg ist. Untragbare 2 Meter!

Tag zwei - Pippo-Zertifikat


Hiermit bescheinige ich Pippo van der Knuddelbacke Stubenreinheit. Kein Tröpfchen in der Wohnung, und heut früh hat er mich brav geweckt und nicht nur sein Geschäft draußen gemacht, sondern sogar seinen Pops ganz bescheiden in die Büsche gedrückt, statt das hochheilige Häufchen einfach rotzstolz auf dem Weg zu präsentieren. Ordnung, die begeistert! Ich werde das noch ein paar Tage beobachten, bevor ich dieses Zertifikat für die Vermittlung unterschreibe, rechne aber nicht damit, dass er seine Meinung noch ändert.

Heute Nacht musste ich ihn geschätzte 27mal aus meinem Bett bugsieren. Dann hat er aber brav auf seinem Kissen geschlafen, das dann natürlich neben dem Bett lag, sodass Kraulen noch drin war. Um das Koffein von gestern abzubauen, gings heut mit Geschirr und Flexi die erste große Runde über Feld und Wiese. Pippo versucht nicht, sich irgendwo rauszuwinden, sondern gibt nach, wenn der Leine-ist-zuende-Ruck kommt, und läuft in meine Richtung. Beim Bach dachte er sich: Rein da! Und bei der Röhre, wo das Wasser rauskommt, dachte er sich: Rein da! Ich musste ihn an der Leine dort rausholen wie ein Angler den Fisch. Nachgeben, ziehen, nachgeben, ziehen. Schon nach ner halben Stunde laufen merkte man aber, dass es an Muckis und Kondition noch fehlt (Vielleicht war auch nur das Koffein aufgebraucht, keine Ahnung) Nun liegt er platt wie eine Flunder da und pennt.




Kein Problem mit anderen Hunden bis jetzt (wobei allerdings noch kein Stänkerer dabei war). Sowohl Hünndinnen als auch Rüden jeder Größe werden völlig unvoreingenommen mit vollem Wedeleinsatz begrüßt (Falls ihr euch wundert, warum es vorhin so windig war - jetzt wisst ihr es). Ihn unterwegs abzuleinen und spielen zu lassen geht natürlich noch lange nicht. Aber die Schlepp ist bereits vom Boden geholt und entstaubt für Tag X Auch Menschen werden angewedelt und beschnüffelt, sobald sie herankommen. Aber er bettelt (draußen) nicht und springt nicht an ihnen hoch. Mal über den Kopf streicheln und gut ist es für ihn. Hallo, ich bin Pippo, und jetzt geh weiter, ich hab zu tun.

Man achte auf die Zähne, und oben sind sie genauso in Ordnung. Der Burschi ist keene 10, da verwett ich die angeschlabberten Socken, die er mir heut Nacht geklaut hat.



Immer wieder ein spannender und lustiger Moment, wenn zum ersten Mal der Fernseher angeht *gg*
(Das ist mir SCHNURZegal, ob du Chuck Norris bist. Rauskommen und knuddeln, sonst war das der letzte Film, den du gedreht hast!)

Tag 3

Hiermit unterschreibe ich nun das Zertifikat der Stubenreinheit. Gestern waren wir um 23 Uhr die letzte Runde. Pippo hat durchgeschlafen und mich erst um 10! geweckt, um sein Pippi an den Baum zu kleben und sein Häufchen im Busch zu versenken.

Der Bub wird ruhiger. Man merkt, er ist nun auch in seinem hübschen Köpfchen in Deutschland angekommen und begreift, dass es hier keine Zwinger und auch keine Ketten gibt, sondern liebe Worte, streichelnde Hände und mit etwas Glück nen Wurstzipfel. Wenn er schläft, wedelt er ab und zu. Es sieht aus, als träume er schon mal von einem eigenen Zuhause, das genauso supertoll ist wie er selbst. Er schläft nun viel, verdaut die Reise und springt auch nicht jedesmal gleich hoch, wenn man den kleinen Finger bewegt. Aber er wedelt und wartet, ob nun Action folgt, der er sich anschließen kann. Zum Beispiel Gassi gehen. Oder das Öffnen des Kühlschranks... Wenn nicht, bleibt er meist liegen, guckt mir nach und man hört das Klopfen seiner Rute auf den Boden. Dauert es ihm zu lange, bis ich wiederkomme, siegt die Neugier. Es könnte ja im Bad oder in der Abstellkammer das Abenteuer des Jahrtausends ohne ihn starten.

Draußen ist er nach wie vor sehr lebhaft und würde sich über einen Garten freuen, wo er sich auch mal ordentlich austoben kann. Wir haben heute die ersten Übungen auf gesichertem Grundstück gemacht. Ohne Ablenkung ist er bereits sehr aufmerksam. Er kommt auf Zuruf mit wehenden Ohren angeflitzt, läuft schon fein nebenher, und Leckerlis in der Wiese suchen macht mega Spaß. Spannender sind im Moment aber noch die Außenreize. Unter anderem lief vorhin eine Gruppe von Kindern verschiedenen Alters am Zaun vorbei (die Kleinste war etwa sechs). Die waren natürlich begeistert von der "Wedelmaschine", die sich da am Zaun hochstellte und sie überschwänglich begrüßte. Fazit: Pippo findet Kinder genauso Klasse wie jeden anderen Menschen, den er trifft. Trotzdem bin ich sicher, dass er Ruhepole braucht und Dauerstress sein Seelchen überfordern würde.
Hunde sind nach wie vor auch super. Pöbelt ihn einer an, ist Pippo still, hält Abstand und wedelt fröhlich weiter. (Ich weiß auch gar nicht, ob er bellen kann, bis jetzt hab ich von ihm nichts gehört außer wohliges Brummeln beim Knuddeln und beleidigtes Brummeln beim Nicht-Knuddeln. Ach ja, und ein bisschen Schnarchen ab und zu)

Gestern abend habe ich ihn inflagranti auf meinem Bett erwischt und es sogar geschafft, ein Beweisfoto zu machen, bevor er wieder sagen kann: "Keine Ahnung, wer auf deinem Bett war, aber ICH war es nicht!"



Pippo ist vom Blitzlicht aufgewacht, hat ein Augenlid gehoben und gemeint: "Schau mich an und sag mir, dass du es fertigbringst, einen Hund hier wegzuscheuchen, der sein ganzes Leben an der Kette hing und nicht mal ein Körbchen, eine Decke oder überhaupt irgendetwas hatte. Los, mach doch, scheuch mich runter."
Es war einige Momente still.
Nun sind wir uns ja wohl alle einig, dass man auch so einem armen Würstchen wie Pippo nicht alles durchgehen lassen darf. Liebevolle Konsequenz heißt das Zauberwort, und ein Hund gehört - zumindest bei mir - nicht ins Bett. Und wenn man ihn auf frischer Tat bei etwas ertappt, das er nicht machen soll, muss man sich umgehend durchsetzen. Deshalb habe ich das Licht wieder ausgemacht und so getan, als hätte ich ihn gar nicht gesehen.
Aber hey, mal ehrlich - Er war AUF dem Bett, nicht IM Bett

Im Moment macht er neben mir den Hampelmann, weil ich eine Pizza habe und er nicht. Aber selbstverständlich werde ich konsequent bleiben. Wenn mir nachher auf dem Weg in die Küche ein Stück Teigrand vom Teller fällt, das rein zufällig übrig blieb, kann ich schließlich nichts dafür. Sowas kommt vor

Sechster Tag

Pippo schläft viel. Entweder verdaut er immer noch seine Vergangenheit, oder er ist es von der Kette her einfach gewöhnt, viel zu schlafen, denn was hätte er denn schon verpasst? Dritte Möglichkeit wäre natürlich, dass er zuhause einfach nur ne gemütliche Pennsocke ist. Egal wie, pflegeleichter geht es nicht. Wenn ich am Computer arbeite, merke ich von einem Hund in der Wohnung überhaupt nichts. Beim Lesen oder Fernsehen merke ich Pippo in Form von Kuscheln. Geht es jedoch raus oder hab ich was zu Essen in der Hand, kommt es mir vor, als hätte ich zehn Pippos hier herumhüpfen.

So, wie ihr sehen könnt, haben wir die Bett-Frage inzwischen geklärt…




Pippo muss man vor seiner eigenen Gutmütigkeit schützen. Gestern hat sich ein keifender Schäfermix losgerissen und kam auf uns zugeschossen wie ein Stier aufs rote Tuch. Mir ist beinah das Herz stehengeblieben. Und was macht Pippo? Wedelt sich fast den Hintern ab. Der Schäferbär ist stehen geblieben und war sichtlich verwirrt. Vielleicht war das Missverständnis Pippos Glück. Stellt euch vor, ihr lauft mit geballten Fäusten auf jemanden zu und schreit: „Komm her, du Depp, und lass dich verprügeln!“ Und der andere fängt an, Party zu machen. „Juhuu, Klasse! Jippiiii! Suuuuuper!“ Na da hätte ich auch doof geschaut. Wie es aussieht, kann Pippo die Signale anderer Hunde nicht richtig deuten. Naja, woher hätte er das auch lernen sollen. Er versteht auch Spielaufforderungen (noch) nicht, sondern steht mit Fragezeichen über dem Kopf da und wedelt. Egal wer oder was da auch kommt, er reagiert immer gleich: Hinlaufen, oder es wenigstens versuchen, und wedeln was das Zeug hält. Er freut sich über ALLES. (Außer Autos. Das sind zu viele, um sie zu betüddeln. Außerdem haben sie es immer mächtig eilig, und so hat der Bub beschlossen, sie zu ignorieren.) Deshalb kann ich auch nicht sagen, wie stark sein Jagdtrieb ausgeprägt ist. Er hält freilich auch mal seine Samtnase in den Wind, aber ich weiß nicht, ob er jagen würde oder einfach nur Frau Reh, Herrn Hase und Fräulein Katze auf seine Freundesliste setzen will. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Herz von Hund seine Zähne in etwas anderes als Futterschüssel und Kauknochen versenken würde.



Ich hoffe, das Wetter wird endlich mal schöner, damit es mehr Draußen-Fotos gibt -.-


Ist er nicht wunderschön? Nicht mal eine olle Leine auf dem Kopf kann ihn entstellen